Ein Residency-Programm um den Einblick von außen für das kulturelle Erbe Japans
Das 1999 ins Leben gerufene Residency-Projekt „European Eyes on Japan | Japan Today“ lädt in Europa arbeitende Fotograf*innen nach Japan ein, um Bilder aus den verschiedenen Präfekturen des Landes zum Thema „Japaner*innen und ihr heutiges Leben“ für die Nachwelt festzuhalten. Die dem Projekt zu Grunde liegende Absicht ist es, mittels dieser Bilder den Japaner*innen jene Aspekte des täglichen Lebens zu demonstrieren, die sie selbst oft übersehen. Die Einblicke in Japan, die aus der individuellen Perspektive europäischer Fotograf*innen eingefangen werden, unterscheiden sich erheblich von denen, die durch die Massenmedien oder stereotype Bilder vermittelt werden. Bisher haben 60 Fotograf*innen in 40 Präfekturen Japans fotografiert.
Das Projekt wird jedes Jahr mit dem Ziel durchgeführt, dass schließlich alle 47 Präfekturen einmal fotografiert wurden. Organisiert wird das Projekt von der NGO EU-Japan-Fest Japan Committee, die das Ziel verfolgt, japanische Kunst und Kultur in Europa sowie den interkontinentalen Austausch zu fördern. Die – jedes Jahr an verschiedenen Orten in Japan aufgenommenen – Fotos erscheinen im darauffolgenden Jahr in der Publikation „European Eyes on Japan | Japan Today“ und werden in Ausstellungen in japanischen Städten und in den beteiligten Kulturhauptstädten Europas gezeigt.
Für die 24. Ausgabe von „European Eyes on Japan | Japan Today“ haben die österreichische Fotografin Susanna Hofer und die norwegische Fotografin Aurora Haaland Stenersen in der Präfektur Nagano auf der japanischen Hauptinsel fotografiert.
Susanna Hofer hat fotografische Arbeiten mit selbst kreierten Objekten aus Alltagsgegenständen geschaffen. Die manchmal humorvolle, charmante Erscheinung der Objekte ist verblüffend, aber hinter ihren Werken verbergen sich vielschichtige Andeutungen, die die Geschichte der Kunst und der Fotografie untersuchen, wie den Surrealismus, Momentaufnahmen und die Straight Photography.
„Ich war neugierig, wie sich Susanna Hofers Methode, die die ursprüngliche Funktion von Materialien und unsere Vorurteile über sie leicht in Frage stellt, in Nagano, einer von Europa völlig verschiedenen Kultur, entwickeln würde. Die Fotografin hatte das Glück, durch Frau Kamisawa, die eine Galerie für zeitgenössische Kunst in Chikuma City betreibt, mit den in Nagano lebenden Künstler*innen und ihrer traditionellen Kultur, wie der Shimenawa Technik, in Kontakt zu kommen. Susanna Hofers Werke fangen die japanische Sicht auf die Natur, wie sie sich in Bonsai, Ikebana und im täglichen Leben zeigt, sorgfältig ein und kontrastieren sie mit der natürlichen Landschaft Naganos mit ihren steilen Bergen und ausgedehnten Wäldern.“
Mikiko Kikuta, Kuratorin European Eyes on Japan | Japan Today
Was bei Aurora Haaaland Stenersens Fotoarbeiten auffällt, ist ihr Umgang mit Licht. Es ist kein „Licht“, das etwas im Tageslicht enthüllt, sondern ein „sanftes Licht“, das Nagano mit seinen Bäumen, Bergen und Bewohner*innen beleuchtet, sie manchmal enthüllt und manchmal verschwimmen lässt. Wie dieses Licht verteidigt die Fotografin nicht lautstark Queerness, sondern scheint vielmehr neben der Vielfalt zu existieren, die sich nicht in einem Wort zusammenfassen lässt. Über verschiedene Kontakte hat Mikiko Kikuta, LGBTQIA+ Menschen in Nagano kontaktiert und angefragt, ob sie bereit wären, an Aurora Haaland Stenersens Fotoprojekt teilzunehmen. Es ist der Beharrlichkeit der Fotografin und ihrem aufrichtigen Umgang mit den Menschen vor Ort zu verdanken, sich auf das Projekt einzulassen, da die japanische Gesellschaft immer noch ein Unbehagen im Umgang mit LGBTQIA+ Menschen empfindet.
„Aurora Stenersen war die jüngste der in die engere Wahl gekommenen Fotografinnen, doch ich hatte den Eindruck, dass ihre Fotos eine klar definierte Bildsprache haben. Das hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass sie eine klare Vorstellung davon hat, was sie mit ihren Fotos ausdrücken möchte. Sie entschied sich für das Thema der Sichtbarkeit von Queerness in ländlichen Gebieten, das sie bisher auch in Nagano beschäftigt hatte.“
Mikiko Kikuta, Kuratorin, European Eyes on Japan | Japan Today
Die Ausstellung wurde zunächst in den europäischen Hauptstädten und später in Japan gezeigt. Zu sehen waren die Fotoarbeiten, die im Rahmen der Residences entstanden sind und die sich thematisch und prozessual unterscheiden, in der von Mikiko Kikuta kuratierten Ausstellung „European Eyes on Japan | Japan Today“ in den Ausstellungsräumen der Brauerei Schloss Eggenberg. Die Werke, die den Ausstellungsparcours durchlaufen haben, werden anschließend den Präfekturen, in denen sie aufgenommen wurden, und dem Ort Higashikawa in Hokkaido (Heimat des Higashikawa International Photography Festival) gespendet, damit sie Teil des kulturellen Erbes für künftige Generationen werden.