Bioregionale Designpraktiken
In einer Welt, die in hohem Maße von globalen Lieferketten abhängig ist, besteht die dringende Notwendigkeit, unsere derzeitigen linearen Systeme der Produktion, des Verbrauchs und der Bewirtschaftung materieller Ressourcen auf regionale, kollaborative und nicht-extraktive Praktiken umzustellen. Von zentraler Bedeutung für diesen Übergang ist die Einführung zirkulärer Systeme, die in einer Bioregion verwurzelt sind, indem ihre Ressourcen identifiziert, gefördert und mobilisiert werden.
„Bioregionale Designpraktiken geben uns einen Rahmen, in dem wir nützliche Fragen stellen können: Welche Ressourcen stehen zur Verfügung, und wie können wir sie so nutzen, dass die lokalen Umwelt- und Sozialsysteme gestärkt werden?”
Jan Boelen, Mitbegründer und künstlerischer Leiter Atelier LUMA, ein Programm von LUMA Arles
Basierend auf dem bioregionalen Ansatz von Atelier LUMA, einem Programm von LUMA Arles; Finden – Verbinden – Einsetzen – Vermitteln; entwickelt das Projekt Bioregional Assembly__Salzkammergut ein Netzwerk von materiellen, menschlichen und infrastrukturellen Ressourcen in der Region Salzkammergut und zeigt, wie diese in einer Art und Weise zusammengefügt werden können, die lokale ökologische, wirtschaftliche und soziale Systeme in der Zukunft stärken könnte. Dabei wird die Region Salzkammergut als Fallstudie genutzt und zur ‘Testküche’ für die Umsetzung bioregionaler Designpraktiken.
Zwischen März und September 2024 wird eine Reihe von Design-Forschungsprojekten Partnerschaften mit verschiedenen regionalen Einrichtungen aus Industrie, Landwirtschaft, Handwerk und Bildung zur Umsetzung bioregionaler Designpraktiken erstellen.
Zwischen Juli und September 2024 werden im ehemaligen Gewächshaus des Stadtgarten KunstQuartier Gmunden laufende Forschungsarbeiten, Workshops und Prototypen zusammengestellt und öffentlich ausgestellt.
Zusammenarbeit mit der Industrie
Drei Projekte zeigen Wege auf, wie international etablierte DesignerInnen und wichtige regionale WirtschaftsakteurInnen bei der Umsetzung bioregionaler Designpraktiken zusammenarbeiten können. Durch eine Reihe von Design-Forschungs Residencies bei den Unternehmen selbst sowie durch den Austausch mit weiteren relevanten Partnerinstitutionen in der Region Salzkammergut wollen die DesignerInnen systemische Möglichkeiten zur Re-Lokalisierung der bestehenden Praktiken der Unternehmen identifizieren und Prototypen sowie Strategien für deren langfristige Umsetzung vorzeigen.
Die kolumbianische Designerin und Materialforscherin Henna Burney vom Atelier LUMA, einem Programm der LUMA Arles, arbeitet zusammen mit Salinen Austria AG und untersucht den Salzabbau in Altaussee sowie die Salzverarbeitung und die Produktionsprozesse in der Produktionsstätte in Ebensee. In enger Zusammenarbeit mit verschiedenen internen ExpertInnen wird eine Reihe von Materialexperimenten durchgeführt, wie z.B. Salzkristallisation, Pigmentierung, Integration von Salz in die Keramikproduktion sowie Salzkompression. Ziel des Projektes ist es, prototypische Produkte und Prozesse zu entwickeln, die neue systemische Anwendungen von Salz im Salzkammergut aufzeigen können.
Die österreichischen DesignerInnen Katharina Mischer und Thomas Traxler vom mischer’traxler studio arbeiten zusammen mitLaufen Austria AG in Gmunden um deren keramische Produktpalette und Produktionsprozesse zu untersuchen. Im engen Austausch mit verschiedenen ExpertInnen aus dem Unternehmen werden unterschiedlichste Material Experimente betrieben. Das Projekt zielt darauf ab, bestehende Nebenprodukte des Unternehmens wie Filterkuchen und Keramikformen aufzuwerten und alternative regionale RessourcenStröme zu identifizieren, die in einer zukünftigen Produktlinie der Laufen Austria AG in Gmunden eingesetzt werden könnten.
Die deutsche Design- und Materialforscherin Carolin Schelkle arbeitet zusammen mit Grüne Erde GmbH in Almtal, um deren vielfältige Produktlinien wie Matratzen, Möbel und Kleidung zu untersuchen. Durch die aktive Einbindung in das bestehende regionale Netzwerk der Schaf- und Alpakawollproduktion des Unternehmens zielt das Projekt darauf ab, experimentelle Prototypen und Prozesse zu entwickeln, die dazu beitragen, eine mögliche zukünftige Anwendung von regionaler Wolle für die Region Salzkammergut als Teil einer möglichen neuen Produktlinie der Grüne Erde GmbH zu demonstrieren.
Forschungsprogramme & Hands-On Workshops
Drei österreichische Universitätsprogramme zeigen Wege auf, wie akademische Institutionen im Bereich der Architektur bioregionale Designpraktiken in Partnerschaft mit verschiedenen regionalen Institutionen umsetzen können. Durch eine Reihe von Design-Forschungs-Semesterstudios und Residencies vor Ort werden die Programme ihre Forschung sowie verschiedene 1:1-Interventionen im Stadtgarten KunstQuartier Gmunden präsentieren.
Seit April 2024 beschäftigen sich 15 Studierende einer Lehrveranstaltung der BML Stiftungsprofessur für Holzbau und Entwerfen im urbanen Raum, Institut für Architektur und Entwerfen, TU Wien unter der Leitung der Architekten und Mentoren Juri Troy, Andreas Maximilian Arndt und Jakobus Schwarz mit der Kartierung regionaler Holzabfallströme und potenzieller Kooperationspartner als auch der Recherche relevanter lokaler und internationaler Best-Practice-Fallstudien. Während der Residency (3.8 – 18.8.2024) wird die Lehrveranstaltung ihre Mobile Holzwerkstatt einsetzen und eine Reihe von 1:1 Interventionen durchführen, die zeigen, wie die identifizierten regionalen Holzabfallströme im ehemaligen Gewächshaus des Stadtgarten KunstQuartier Gmunden zusammengefügt und angewendet werden können.
Gleichermassen beschäftigen sich seit März 2024 16 Studierende einer Lehrveranstaltung des Forschungsbereichs Gebäudelehre und Entwerfen, Institut für Architektur und Entwerfen, TU Wien, unter der Leitung der Architektinnen und Mentorinnen Elisabetta Schmidtlein und Marion Kohler auf die Kartierung regionaler mineralischer und landwirtschaftlicher Abfallströme und möglicher Kooperationspartner, während sie gleichzeitig damit verbundene lokale internationale Best-Practice-Fallstudien recherchieren. Während ihrer Residency (21.8. – 4.8.2024) wird die Lehrveranstaltung eine temporäre Werkstatt für erd- und biobasierte Materialien einrichten und eine Reihe von 1:1-Interventionen entwickeln, die zeigen, wie die identifizierten mineralischen und landwirtschaftlichen Abfallströme im ehemaligen Gewächshaus des Stadtgarten KunstQuartiers Gmunden zusammengesetzt und angewendet werden können. Diese Residency wird in Kooperation mit Architektur:BASEhabitat, Kunstuniversität Linz und dessen Architekten und Mentor Florian Fendorganisiert, mit Teilnhame mehrerer Studierenden.
Veranstaltungen und Ausstellungen
Seit März 2024 entwickelt das studio Social Design – Arts as Urban Innovation, Universität für angewandte Kunst Wien unter der Leitung und Betreuung von Brigitte Felderer und Martin Färber zwei Design-Forschungsprojekte, die sich zwischen Juni und September 2024 in einer Veranstaltungsreihe im Stadtgarten KunstQuartier Gmunden manifestieren werden.
In enger Zusammenarbeit und Austausch mit verschiedenen Schichten der Gmundner Bevölkerung, befasst sich ein Projekt der Studenten Francis Hagmann und Daniël Siegersma mit der Vergangenheit, der Gegenwart und den zukünftigen Potenzialen des Stadtgartens Gmunden. Durch einer Reihe von partizipativen Veranstaltungen vor Ort zielt das Projekt darauf ab, die Beziehung der lokalen Bevölkerung zum Stadtgarten Gmunden und dessen zukünftige Entwicklung durch das Konzept der kollektiven Pflege zu thematisieren und praktizieren.
Ausgehend von einem breiten Spektrum an Recherchen zum Thema Salz wird ein Projekt der Studentinnen Mildred Chang, Deepshika Pegu und Charlotte Schneider eine Reihe von multisensorischen Veranstaltungen im Stadtgarten KunstQuartier Gmunden organisieren, die darauf abzielen, interdisziplinäre Gruppen von TeilnehmerInnen zu einem kollektiven Austausch über die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Aspekte von Salz zu bewegen.
Vom 6.7 – 29.9.2024 wird eine Dauerausstellung im ehemaligen Gewächshaus des Stadtgartens Kunstquartier Gmunden alle Projekte im Rahmen von Bioregional Assembly__Salzkammergut präsentieren. Parallel dazu werden in einer Reihe von wechselnden Sonderausstellungen einzelnde Projekte hervorgehoben. Ab Juni 2024 wird werden die Präsentation und Entwicklungen der Projekte auf dem Instagram-Kanal des Bioregional Assembly__Salzkammergut dokumentiert: @bioregional_assembly
Das Opening Event am 6.7.2024 wird einen Überblick über alle Projekte und die laufende Forschung geben sowie mögliche Synergien zwischen allen beteiligten ProjektpartnerInnen diskutieren. Bei dem Closing Event am 27.9.2024 werden alle im Rahmen der Bioregional Assembly_Salzkammergut entwickelten Projekte vorgestellt und ihre mögliche zukünftige Fortfühurng diskutiert.
Begleitend zu den Opening- und Closing Events werden Andrej Koruza, Gaja Mežnarić Osole und Danica Sretenović von der Krater Collective aus Slowenien alternative Perspektiven auf das Stadtgarten KunstQuartier Gmunden durch eine Filmvorführung von „Feral Practices“, einer Performance-Lecture „Table of Curiosities“ und 1:1 Krater’s Feral Coaching Sessions anbieten. Ihre Beiträge werden von SKICA – Slowenisches Kulturinformationszentrum in Österreich unterstützt.
Zukunftsvision
Basierend auf den Beiträgen aller PartnerInnen zielt das Projekt Bioregional Assembly__Salzkammergut letztendlich darauf ab, als ein Pilotprojekt vorzuzeigen wie sich das Stadtgarten KunstQuartier Gmunden zukünftig als ein bioregionales Design-Forschungszentrum für die Region Salzkammergut etablieren könnte. Ein umfassender Evaluierungssbericht, erstellt vom Projektleiter und Kurator Jakob Travnik im Dialog mit Jan Boelen, Mitbegründer und künstlerischer Leiter Atelier LUMA, ein Programm von LUMA Arles, wird Ende 2024 die möglichen nächsten Schritte präsentieren.
Design Partner
Henna Burney, Atelier LUMA – Kolumbien / Frankreich, Katharina Mischer, Thomas Traxler; mischer’traxler studio – Österreich, Carolin Schelkle – Deutschland / Frankreich, Andrej Koruza, Gaja Mežnarič Osole, Danica Sretenović; Krater Collective – Slowenien, Mit freundlicher Unterstützung von SKICA – Slowenisches Kulturinformationszentrum in Österreich
Universitäts Partner
BML Stiftungsprofessur für Holzbau und Entwerfen im urbanen Raum, Institut für Architektur und Entwerfen, TU Wien – Österreich, Mentoren: Juri Troy, Andreas Arndt, Jakobus Schwarz, StudentInnen: Johanna Tück, Karolin Hofbauer, Natalia Hromanchuk, Larissa Landa, Sophie Coqui, Lisa Penz, Bianca Lintner, Olivia Mocanu, Benjamin Rettberg, Silas Martin, Anna Janßens, Susanne Gerzer, Hannah Hribek, Mirella Emig, Emma Schneider, Forschungsbereich Gebäudelehre und Entwerfen, Institut für Architektur und Entwerfen, TU Wien – Österreich
MentorInnen: Elisabetta Schmidtlein, Marion Kohler
StudentInnen: Simon Amort, Toyanc Degerli, Selma Dervišefendic, Hanna Margarete Ebenhöh, Jana Elisabeth Eder, Victoria Hofböck, Sarah Hofer, Victoria Ladentrog, Beverly Mori, Michele Pirri, Anastasia Prozorovska, Eliana Ray, Paul-Pepe Rieger, Sedef Skodra, Lena Voglreiter, Marlies Weidinger
Architektur:BASEhabitat
Kunstuniversität Linz – Österreich
Mentor: Florian Fend
StudentInnen: werden noch bekanntgegeben
Social Design – Arts as Urban Innovation
Universität für angewandte Kunst Wien – Österreich
MentorInnen: Brigitte Felderer, Martin Färber
StudentInnen: Mildred Chang, Francis Hagmann, Deepshika Pegu, Charlotte Schneider,
Daniël Siegersma